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Am Fronleichnamstag sendete der Radiosender WDR 5 einen interessanten Beitrag mit dem Titel "Credo mit Lücke – Wie Katholiken die Kirche aushalten". War es früher im Glaubensbekenntnis die Jungfrauengeburt, die für Kopfschütteln sorgte, ist das heute der Satz: Ich glaube an die "heilige katholische Kirche". Nicht wenige erleben diese Kirche nicht, oder nicht mehr heilig. Sie sei, so die Aussagen in diesem Bericht, weit weg von den Menschen, sei nicht mehr die Kirche, die Jesus gegründet hat, sitze auf einem moralisch "hohen Ross", vertusche den Missbrauchsskandal, und die ach so "reiche Kirche" spare am falschen Platz. Auch die Sprache ist "unzeitgemäß".
Die Kirche, wie wir sie kennen, wandelt sich gravierend und darauf hat die Synode in unserem Bistum eine Antwort gesucht. Diakonisch und missionarisch Kirche sein heißt, die Fragen, die Anliegen, die Lebenssituationen der 95 % Christen und Christinnen, die ihren Glauben jenseits des regelmäßig sichtbaren sonntäglichen Gottesdienstbesuchs leben, verstehen zu lernen, und darauf eine Antwort aus der Frohen Botschaft heraus zu geben. Es ist ein Glaubensweg, in der Vielfalt der einzigartigen, individuellen Glaubenswege von bewahrend bis zu verändernd, eine Einheit zu leben. Die Vielfalt in dem einen Leib Jesu Christi; damit hat sich auch das II. Vatikanische Konzil beschäftigt.
In diesen Wahrnehmungen schwingt – so meine Hypothese – eine "allgemeine Orientierungslosigkeit", die in der Gesellschaft vorherrscht, mit. Orientierung zu finden als junger Mensch oder auch im mittleren Alter wird immer schwieriger. Menschen sehen sich – im Blick auf die geforderte Leistung in Beruf und Gesellschaft - zunehmend überfordert.
Orientierungslosigkeit und Wandel sind – wie ich meine - die großen Herausforderungen unseres Lebens in Kirche, Staat, Gesellschaft und im persönlichen Leben.
Im Evangelium dieses Sonntages (Mt 9,36 -10,8) hat Jesus Menschen im Blick, die müde sind, Orientierung brauchen, eine Lebensrichtung, Werte, Halt und Hoffnung. Dahinter stehen eine kirchliche Situation, eine Gemeinde, Verkünder und Verkünderinnen, die mit ihrer Frohen Botschaft nicht mehr überzeugen können. Die Menschen erleben Jesus Christus und sein Leben und Wirken für sich nicht mehr als lebensförderlich, hoffnungs- und zukunftsstiftend.
Die Frage bleibt und steht:
Wie können wir dem Wort wieder Kraft und Macht geben?
Wie können wir Orientierung geben, Sinn eröffnen, und die Hoffnung in Jesus Christus neu in den Menschen verankern, die uns erfüllt?
Ich denke, der Schlüssel liegt im letzten Satz des Evangeliums: "Umsonst habt ihr empfangen, umsonst sollt ihr geben!"
Nicht auf unsere Ideen und noch so intelligenten Konzepte kommt es an, nicht auf Geld und gut renovierte Gotteshäuser, auf Besitz und Macht, sondern Gott ist es, der wirkt - durch uns. Die Botschaft, die wir verkünden ist die Botschaft unseres Gottes, nicht meine Botschaft. Ein Gott, der alle Menschen liebt, die sich ihm öffnen, ob sie nun zum Gottesdienst kommen oder nicht, ob sie wohlsituiert sind oder am Rand stehen, stark oder schwach.
IHN, unseren Gott gilt es zu verkünden und Seine Liebe weiterzugeben, damit ER Seine Lebenskraft verströmen kann.
Die Einladung steht: Gehe im Namen des Herrn und verkündige IHN!
(Übersetzung aus der revidierte Einheitsübersetzung 2016)
36 Als er die vielen Menschen sah, hatte er Mitleid mit ihnen; denn sie waren müde und erschöpft wie Schafe, die keinen Hirten haben.
37 Da sagte er zu seinen Jüngern: Die Ernte ist groß, aber es gibt nur wenig Arbeiter.
38 Bittet also den Herrn der Ernte, Arbeiter für seine Ernte auszusenden!
1 Dann rief er seine zwölf Jünger zu sich und gab ihnen die Vollmacht, die unreinen Geister auszutreiben und alle Krankheiten und Leiden zu heilen.
2 Die Namen der zwölf Apostel sind: an erster Stelle Simon, genannt Petrus, und sein Bruder Andreas, dann Jakobus, der Sohn des Zebedäus, und sein Bruder Johannes,
3 Philippus und Bartholomäus, Thomas und Matthäus, der Zöllner, Jakobus, der Sohn des Alphäus, und Thaddäus,
4 Simon Kananäus und Judas Iskariot, der ihn ausgeliefert hat.
5 Diese Zwölf sandte Jesus aus und gebot ihnen: Geht nicht den Weg zu den Heiden und betretet keine Stadt der Samariter,
6 sondern geht zu den verlorenen Schafen des Hauses Israel!
7 Geht und verkündet: Das Himmelreich ist nahe!
8 Heilt Kranke, weckt Tote auf, macht Aussätzige rein, treibt Dämonen aus! Umsonst habt ihr empfangen, umsonst sollt ihr geben.
Du Gott des Lebens und der Liebe,
du hast die Apostel einst ausgesandt,
den Menschen das Reich Gottes zu verkünden.
So rufst du bis heute alle Christen und Christinnen,
Männer und Frauen,
Priester und Laien,
Ledige und Verheiratete,
Kinder und Jugendliche
Apostel zu sein.
Wir brauchen dazu keine Vorbildung und besondere Qualifikation,
sondern ein offenes Herz, das dich wirken lässt.
Um dieses offene Herz bitten wir dich,
mütterlicher Vater im schwesterlichen Geist
durch Christus, unseren gekreuzigten Herrn.
Amen.
(11. Sonntag im Jahreskreis Lsj A – 12.06.2020 – © Christian Scheinost)